14.11.2011

Neue Helmholtz-Russland-Forschergruppe jagt kosmische Strahlung

Mit innovativen Technologien geht eine deutsch-russische Forschergruppe in Sibirien auf die Jagd nach kosmischen Gammastrahlen und nach der sogenannten kosmischen Strahlung. Bei letzterer handelt es sich um einen beständigen Hagel energiereicher Atomkerne aus dem All, deren genauer Ursprung auch rund 100 Jahre nach der Entdeckung weitgehend rätselhaft ist. Das Projekt wird künftig im Rahmen der Helmholtz-Russia Joint Research Groups (HRJRG) gefördert. Für drei Jahre bekommt das Vorhaben jeweils rund 150 000 Euro.

Einfahrt zum Tunka-Nationalpark. Bild: Tunka Collaboration

Im Tunka-Tal unweit des Baikalsees bauen die Physiker zum einen ein Testfeld aus sogenannten Tscherenkowdetektoren auf, um kosmische Gammastrahlung der höchsten Energien (10 Tera- bis Petaelektronenvolt) nachzuweisen. Diese Gammastrahlung kann einen Weg zu den Quellen der kosmischen Teilchenstrahlung weisen, weil sie – anders als die elektrisch geladenen Atomkerne – auf dem Weg zur Erde nicht von kosmischen Magnetfeldern abgelenkt wird.

Die geplanten Detektoren registrieren das Tscherenkowlicht schneller Sekundärpartikel, die von kosmischer Teilchen- und Gammastrahlung in den oberen Schichten der Erdatmosphäre erzeugt werden. Das Tscherenkowlicht ist eine Art Überschallknall überlichtschneller Teilchen: Die kosmische Strahlung löst in der Erdatmosphäre eine ganze Kaskade von Sekundärteilchen aus, die als sogenannter Luftschauer vom Himmel regnen. Viele dieser Sekundärteilchen sind schneller als die Lichtgeschwindigkeit in Luft (aber nicht schneller als die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit, die als oberste Geschwindigkeitsgrenze gilt). Dabei entsteht das bläuliche Glimmen der Tscherenkowstrahlung, das sich bei klarem, mondlosem Himmel mit empfindlichen Messgeräten (Photomultipliern) nachweisen lässt.

Doch die Luftschauer machen sich nicht nur über ihre Partikel und deren Tscherenkowlicht bemerkbar, sie senden auch Strahlung im Bereich der Radiowellen aus. In einem weiteren Versuch testen die Forscher daher im Tunka-Tal, wie gut sich Luftschauer über Radioantennen messen lassen. Vorteil der Methode: Sie ist nicht auf mondlose, klare Nächte beschränkt, sondern könnte rund um die Uhr Daten sammeln.

An der neuen Helmholtz-Russia Joint Research Group sind das Institut für Kernforschung der Russischen Akademie der Wissenschaften, die Universitäten Moskau, Irkutsk und Hamburg, das Karlsruher Institut für Technologie und das DESY beteiligt. Die Wahl für den Standort fiel, weil dort bereits ein Luftschauer-Detektorfeld namens Tunka-133 in Betrieb ist, die weltweit einzige Luftschauer-Tscherenkow-Array. Mit seiner präzisen Schauer-Energiemessung liefert Tunka-133 eine hervorragende Voraussetzung zum Test der neuen experimentellen Technologien.

Insgesamt fördern die Helmholtz-Gemeinschaft und die Russische Stiftung für Grundlagenforschung (RFBR) in der aktuellen vierten Runde des gemeinsamen Programms sechs neue Gruppen. In den ersten drei Runden sind nach Angaben der Helmholtz-Gemeinschaft bereits 20 gemeinsame Projekte unterstützt worden. „Mit den neu ausgewählten Gruppen werden wir weitere Schwerpunkte in der Kooperation mit Russland setzen und die Forschung in strategisch relevanten Bereichen konsequent ausbauen“, unterstreicht der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, Professor Dr. Jürgen Mlynek.

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Tscherenkow-Detektor vor dem Sternenhimmel. Bild: Tunka Collaboration