07.10.2013

DESY trauert um Gustav-Adolf Voss

Das Deutsche Elektronen-Synchrotron trauert um seinen ehemaligen Direktor des Beschleunigerbereichs, Prof. Gustav-Adolf Voss, der am 5. Oktober im Alter von 84 Jahren in Hamburg gestorben ist.

Prof. Gustav-Adolf Voss

Gustav-Adolf Voss war von 1973 bis 1994 Leiter des Beschleunigerbereichs bei DESY und hat die Entwicklung der Teilchenbeschleuniger weltweit entscheidend geprägt. Er genoss international höchstes Ansehen und setzte sich zeitlebens intensiv für die internationale Zusammenarbeit in der Wissenschaft ein.

Nach dem Physikstudium und anschließender Promotion an der Technischen Universität Berlin hatte Gustav-Adolf Voss bereits zur Gründungszeit von DESY 1958/59 seinen ersten Kontakt mit dem Forschungszentrum, als er am Bau des Linearbeschleunigers Linac I beteiligt war. 1959 ging er an die Harvard-Universität in den USA, wo er - zusammen mit Kenneth Robinson - den Umbau des Cambridge Electron Accelerator CEA zu einem Speicherring mit Hilfe eines Bypass vorschlug und erfolgreich umsetzte. Eine spezielle Magnetlinsenanordnung erlaubte dabei die ersten Kollisionen von Elektronen und Positronen bei Energien von mehreren Giga-Elektronenvolt. Dieses vielversprechende Ergebnis führte weltweit zum Bau von weiteren Speicherringen speziell für die Hochenergiephysik unter anderem auch DORIS bei DESY in Hamburg.

Gustav-Adolf Voss, der seit 1964 Assistant Director in Harvard war, wurde 1973 in das DESY-Direktorium berufen. Unter seiner Leitung wurde DORIS erfolgreich in Betrieb genommen und weiter ausgebaut. Ab 1975 leitete er die Planungen und den Bau des Elektronen-Positronen-Speicherrings PETRA, der eine bis dahin unerreichte Kollisionsenergie erreichte. Dieser Beschleuniger wurde unter seiner souveränen Führung schneller als die amerikanische Konkurrenzmaschine und zu geringeren Kosten als geplant fertig gestellt. Noch heute gelten Design und Realisierung von PETRA als Vorbild für alle modernen Elektronenspeicherringe. An PETRA gelang schließlich 1979 einer der größten wissenschaftlichen Erfolge von DESY - die Entdeckung des Gluons, des "Klebstoffs" für die Quarks in den Kernbausteinen. Später wurde PETRA mehrfach umgebaut und ist heute als brillanteste Röntgenquelle der Welt im Betrieb.

Ab 1984 wurde der Elektronen-Protonenspeicherring HERA, Deutschlands größter Teilchenbeschleuniger, bei DESY gebaut und ab 1991 erfolgreich in Betrieb genommen. In den bewährten Händen von Gustav-Adolf Voss lag unter anderem die Projektleitung der Ingenieursbauwerke, des Elektronenspeicherrings und des Umbaus von PETRA als Vorbeschleuniger. Darüber hinaus erkannte er rechtzeitig das Potential von Linearbeschleunigern für die Zukunft der Hochenergiephysik und förderte sowohl zukunftsträchtige und innovative  Beschleunigerkonzepte wie Wake Field Beschleunigung, als auch die Weiterentwicklung von konventionellen normalleitenden Beschleunigern.
Gustav-Adolf Voss blieb nach seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahre 1995 dem Forschungszentrum DESY auf Engste verbunden und stand stets mit fachlichem Rat und persönlichem Einsatz zur Verfügung.

In späteren Jahren setzte er sich leidenschaftlich und engagiert für SESAME ein, eine sich im Aufbau befindliche Synchrotronstrahlungsquelle in Jordanien, die als internationales Forschungsprojekt die Staaten des Nahen Ostens in der Wissenschaft zusammenbringt und für die Komponenten des früheren Speicherrings BESSY in Berlin benutzt wurden.

Für seine langjährigen Verdienste um die internationale Physik, für seine wichtigen Beiträge zur Entwicklung von Teilchenbeschleunigern in Europa und anderswo, für seinen Einsatz zur Unterstützung osteuropäischer Forscher nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und für sein großes Engagement für SESAME bekam Voss zahlreiche Ehrungen, darunter das Bundesverdienstkreuz, die Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg und die renommierte Tate-Medaille des American Institute of Physics. Im Jahre 2009 wurde Gustav-Adolf Voss auch der erste Träger der Goldenen DESY-Ehrennadel, in Würdigung seiner zahlreichen Leistungen und Verdienste um DESY.

Mit Gustav-Adolf Voss verliert das Forschungszentrum DESY eine seiner prägendsten Figuren. Seine charismatische Führung, sein fachliches Können und seine Weitsicht haben maßgeblich zum heutigen Ansehen von DESY als international führendes Beschleunigerlabor beigetragen.  Wir sind ihm zu größtem Dank verpflichtet und werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.