DESY News: Kosmische Gammablitze als Teilchenbeschleuniger

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10.04.2015
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Kosmische Gammablitze als Teilchenbeschleuniger

Studie gibt neue Einblicke in die stärksten Explosionen des Universums

Eine neue Studie bietet detaillierte Einblicke in die gewaltigsten Explosionen des Universums, sogenannte Gammastrahlenblitze. Die Simulation beschreibt die Beschleunigung kosmischer Teilchen in diesen seltenen Explosionen genauer als bisher und kann scheinbare Widersprüche aufklären, die sich aus astrophysikalischen Beobachtungen ergeben haben. Forscher von DESY und aus den USA stellen ihre Arbeit im Fachblatt „Nature Communications“ vor.

Künstlerische Darstellung eines Gammastrahlenblitzes. Bild: NASA
Zu Gammastrahlenblitzen kommt es, wenn extrem große Sterne als Supernova explodieren. Diese Explosionen sind nahezu durch das gesamte Universum zu sehen, bis in Milliarden Lichtjahre Entfernung. Die starken Magnetfelder der explodierenden Riesensonnen führen den größten Teil der Explosionsenergie in zwei Strahlen aus elektrisch geladenem Gas, die sich von den Polen des Sterns ins All hinaus erstrecken. Diese sogenannten Plasma-Jets sind starke natürliche Teilchenbeschleuniger.

Forscher nehmen an, dass aus den Plasma-Jets von Gammastrahlenblitzen zumindest ein Teil der energiereichen elektrisch geladenen Teilchen stammt, die unablässig in die Erdatmosphäre prasseln. Dieser Teilchenhagel aus dem All wird als kosmische Strahlung bezeichnet und besteht hauptsächlich aus Wasserstoffatomkernen (Protonen). Manche Teilchen der kosmischen Strahlung haben zehn Millionen Mal mehr Energie als die Protonen im derzeit stärksten irdischen Beschleuniger, dem Large Hadron Collider (LHC) am Forschungszentrum CERN bei Genf.

Sind die Gammastrahlenblitze allerdings tatsächlich eine nennenswerte Quelle kosmischer Strahlung, so erwarten die Forscher von ihnen aus physikalischen Gründen auch eine große Anzahl leichter Elementarteilchen namens Neutrinos. Das Südpol-Observatorium IceCube, bei dem DESY der größte europäische Partner ist, sucht nach genau solchen energiereichen kosmischen Neutrinos, konnte von Gammastrahlenblitzen bislang jedoch keine nachweisen. Den bisherigen Messungen zufolge erreichen uns von den gewaltigen Explosionen mindestens zehnmal weniger Neutrinos als erwartet. „Das wirft neue Fragen an die Theorie auf“, sagt DESY-Forscher Walter Winter, Mitautor der Studie. „Möglicherweise war unser Bild von Gammastrahlenblitzen bisher zu einfach.“

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Das Plasma wird in Form unterschiedlich schneller Schalen ausgeworfen. Kollidieren diese Schalen, werden dabei Teilchen beschleunigt. Illustration: Mauricio Bustamante/DESY
 
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Neutrinos entstehen vor allem in vergleichsweise geringer Entfernung von der Quelle, die Teilchen der geladenen kosmischen Strahlung in mittlerem Abstand und Gammastrahlung in größerer Distanz. Illustration Mauricio Bustamante/DESY

Bisherige Modelle waren davon ausgegangen, dass Protonen, Neutrinos und die Gammastrahlung am selben Ort in den Plasma-Jets entstehen. Das Team von Astroteilchen-Theoretikern, zu dem neben Winter auch Mauricio Bustamante von der Ohio State University sowie Philipp Baerwald und Kohta Murase von der Pennsylvania State University zählen, hat jetzt ein dynamischeres Bild der Gammablitze entwickelt: Das Plasma wird demnach schalenförmig mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in den Weltraum geschleudert. Diese Schalen kollidieren in größerem Abstand von ihrer Quelle miteinander, wobei dann die Teilchen beschleunigt werden.

Dieser Ansatz kann die beobachtete starke Schwankung der Helligkeit von Gammastrahlenblitzen gut erklären. Eine Konsequenz dieses Modells ist zudem, dass verschiedene Emissionen wie Neutrinos, Protonen und Gammastrahlung in ganz unterschiedlichen Regionen des Plasma-Jets erzeugt werden. Damit lässt sich unter anderem erklären, warum nicht die erwartete Menge Neutrinos beobachtet werden konnte. „Wir erwarten, dass die nächste Generation von Neutrinoteleskopen wie IceCube-Gen-2 empfindlich genug sein wird für diesen minimalen Neutrinofluss, den wir vorhersagen“, betont Bustamante. Im Vergleich zu früheren Ansätzen hängt diese Abschätzung nur wenig von den Parametern des zugehörigen Gammastrahlenblitzes ab.

 

Originalarbeit:
Neutrino and Csomic-Ray Emission from Multiple Internal Shocks In Gamma-Ray Bursts; Mauricio Bustamante, Philipp Baerwald, Kohta Murase & Walter Winter; „Nature Communications“, 2015; DOI: 10.1038/ncomms7783