Schnellste Röntgenbilder von Bio-Kristallen

Die molekulare Struktur der Proteine ergibt sich aus dem Beugungsmuster der Röntgenstrahlen, die im Proteinkristall gestreut werden. Die regelmäßige Anordnung der Moleküle im Kristall erzeugt starke Intensitätsmaxima im Beugungsbild, die hier als farbige Kugeln dargestellt sind. Größe und Farbe der Kugeln repräsentieren die Stärke der Streuung, woraus sich die Proteinstruktur berechnen lässt. Sobald der Kristall durch die intensive Röntgenstrahlung explodiert, erlischt auch das Streubild - der Kristall hat eine Art eingebauten Zeitschalter. Die Länge der Strahlen unter den Kugeln korrespondiert mit der Dauer, für die die jeweiligen Beugungsmaxima sichtbar sind. Illustration: Thomas White, CFEL/DESY.

Protein-Nanokristalle haben eingebauten „Zeitschalter“ für Streubilder



Hamburg, 19. Dezember. Ein internationales Forscherteam unter Leitung von DESY-Wissenschaftlern hat die bislang schnellsten Röntgenbilder von biologischen Eiweißkristallen geschossen. Mit einer Belichtungszeit von nur 0,000 000 000 000 03 Sekunden (30 Femtosekunden) eröffnet die Arbeit neue Möglichkeiten für die Untersuchung molekularer Prozesse, wie die federführenden Autoren Dr. Anton Barty und Prof. Henry Chapman vom Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) erläutern. Das CFEL ist eine Kooperation des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY), der Max-Planck-Gesellschaft und der Universität Hamburg.

siehe Pressemitteilung


Ansprechpartner:
Prof. Henry Chapman, CFEL,
+49 40 8998-94155
henry.chapman@desy.de

Dr. Anton Barty, CFEL,
anton.barty@desy.de

Dr. Thomas Zoufal, DESY-Pressesprecher
+49 40 8998-1666
thomas.zoufal@desy.de

 

Die molekulare Struktur der Proteine ergibt sich aus dem Beugungsmuster von Röntgenstrahlen, die in einem Proteinkristall gestreut werden. Das Bild zeigt die zunehmende Zerstörung der atomaren Ordnung in so einem Proteinkristall, wenn er von einem ultra-intensiven Strahlungspuls aus einem Freie-Elektronen-Röntgenlaser getroffen wird. Die Unordnung nimmt mit der Zeit zu, dargestellt durch den Farbverlauf von Blau nach Rot. Zum Ende des Röntgenblitzes ist der Kristall nur noch eine amorphe Suppe aus Atomen, die keinerlei Strukturinformationen mehr liefert. Sobald die Struktur verloren geht, erlischt jedocha auch das Beugungsbild. Der Kristall besitzt eine Art eingebauten Zeitschalter für das Beugungsbild, der für hochwertige Bilder sorgt, selbst wenn der verwendete Röntgenblitz länger ist als die Lebensdauer des Kristalls in dem Blitz. Illustration: Carl Caleman und Anton Barty, CFEL/DESY

Durch die Bestrahlung mit einem ultra-intensiven Röntgenpuls aus einem Freie-Elektronen-Laser wird ein kleines Molekül ionisiert und explodiert. Auch die Temperatur der Ionen nimmt mit der Zeit zu, dargestellt durch den Farbverlauf von Blau nach Rot. Kristalline Proben derartiger Moleküle explodieren auf ähnliche Weise. Solche Kristalle erzeugen ein Beugungsmuster wie hier im Hintergrund dargestellt, aus dem sich die molekulare Struktur bestimmen lässt. Während der Explosion schaltet die Atomverlagerung dieses Beugungsbild automatisch ab, so dass die Dauer der Beugungsbilder kürzer ist als der auf die Probe geschossene Röntgenblitz. Die Streumaxima aus hohen Beugungswinkeln (kurze Linien) erlöschen zuerst, während die aus kleinen Winkeln (lange Lininien) etwas länger existieren. Selbst wenn der eingestrahlte Röntgenblitz viel länger ist als die typische Explosionszeit entsteht auf diese Weise noch ein hochwertiges Beugungsbild, das der Messung an einem unbeschädigten Molekül entspricht. Illustration: Jörg Harms, MPSD/Universität Hamburg

Ein Proteinkristall besteht aus einem regelmäßigen Muster von Proteinmolekülen. Durch die Streuung von Röntgenstrahlen an diesem Gitter lässt sich die molekulare Struktur bestimmen. Durch die Bestrahlung mit ultra-intensiven Röntgenpulsen aus einem Freie-Elektronen-Laser explodiert jedoch der Kristall. Das beginnt mit einer atomaren Unordnung aller beteiligten Moleküle. Während die Unordnung zunimmt (zeitlicher Verlauf von oben nach unten) erlöschen die Beugungsmuster nach und nach. Selbst wenn der eingestrahlte Röntgenpuls deutlich länger ist als die Explosionszeit entspricht das aufgezeichnete Beugungsmuster dadurch einer Messung am unbeschädigten Molekül. Illustration: Carl Caleman, CFEL/DESY

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Simulation der Atomverlagerung in einem Lysergsäurediethylamid-Kristall (LSD) durch die intensive Strahlung eines Freie-Elektronen-Röntgenlasers (XFEL). Bereits in den ersten 70 billiardstel Sekunden (Femtosekunden) löst sich die Struktur auf. Animation: Carl Caleman, CFEL/DESY

Aus der wissenschaftlichen Arbeit: Die relative Effizienz der Beugungsmaxima als Funktion der Auflösung für ausgewählte Röntrgenpulslängen von 70 bis 300 Femtosekunden. Je länger der Puls, desto weniger scheinen hoch auflösende Beugungsmaxima beizutragen. Das liegt an dem Phänomen, dass die Maxima jeweils nach etwa 30 Femtosekunden von selbst erlöschen, wenn der Kristall beginnt, sich aufzulösen. So trägt stets nur der erste Teil des Pulses zum Beugungsmuster bei. Die gestrichelten Linien zeigen die berechnete Erwartung, auf Grundlage eines Plasmaphysikmodells des explodierenden Kristalls. Abbildung: Anton Barty, CFEL/DESY