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DESY News: Auf der Suche nach dem Z‘-Boson
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Meldungen vom Forschungszentrum DESY
Auf der Suche nach dem Z‘-Boson
Vor ziemlich genau einem Jahr ist der Belle-II-Detektor am japanischen Forschungszentrum KEK in Betrieb gegangen. Jetzt veröffentlicht das internationale Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die ersten Resultate, die mit Hilfe des Detektors gewonnen wurden. Die Veröffentlichung im Fachblatt „Physical Review Letters“ kreist die Eigenschaften eines neuen Teilchens ein, das im Zusammenhang mit der Dunklen Materie steht, die nach heutigem Kenntnisstand im Universum über fünfmal häufiger ist als die uns vertraute Materie.
Seit etwa einem Jahr nimmt der Belle-II-Detektor nun Daten für physikalische Messungen. Sowohl der Teilchenbeschleuniger SuperKEKB als auch der Detektor Belle II waren in mehrjährigen Umbauarbeiten gegenüber ihren jeweiligen Vorgängern verbessert worden, um eine 40 Mal höhere Rate an Daten zu erzielen.Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an zwölf Instituten in Deutschland sind maßgeblich am Bau und Betrieb des Detektors beteiligt. DESY hat eine führende Rolle insbesondere bei Integration und Inbetriebnahme des hochsensiblen innersten Detektors, des Pixel-Vertex-Detektors. Darüber hinaus engagieren sich die deutschen Gruppen bei der Entwicklung von Auswertungsalgorithmen und der Analyse der Daten.
Mit Belle II suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Spuren neuer Physik, mit der sich zum Beispiel das ungleiche Verhältnis von Materie und Antimaterie oder die mysteriöse Dunkle Materie erklären lassen. Eines der bisher unentdeckten Teilchen, nach dem der Belle-II-Detektor Ausschau hält, ist das Z‘-Boson – eine Variante des Photons (Lichtteilchens), das jedoch anders als das Photon eine Masse besitzt.
Soweit wir wissen, bestehen etwa 25 Prozent des Universums aus Dunkler Materie, wohingegen die sichtbare, bekannte Materie nur knappe fünf Prozent des Universums ausmacht. Beide Materieformen ziehen sich gegenseitig über die Schwerkraft an. So befindet sich die Dunkle Materie ebenfalls in den sichtbaren Materie-Galaxien im Universum und ist nach gängigen Theorien auch verantwortlich dafür, wie die sichtbare Materie im Universum verteilt ist.
Bindeglied zwischen Dunkler und normaler Materie
Das Z‘-Boson könnte eine interessante Rolle beim Zusammenspiel von Dunkler und normaler, sichtbarer Materie spielen, also eine Art Vermittler zwischen den beiden Materieformen sein. Das Z‘ kann – zumindest theoretisch – aus der Kollision von Elektronen (Materie) und Positronen (Antimaterie) im SuperKEKB-Beschleuniger hervorgehen und dann in unsichtbare Dunkle-Materie-Teilchen zerfallen.
Somit könnte das Z‘-Boson helfen, das Verhalten von Dunkler Materie zu verstehen – und nicht nur das: Mit der Entdeckung des Z‘ ließen sich auch andere Resultate einiger Präzisionsmessungen erklären, die nicht mit dem Standardmodell, der grundlegenden Theorie der Teilchenphysik, in Einklang stehen.
Wichtiges Indiz: Nachweis von Myonenpaaren
Doch wie lässt sich das Z‘-Boson im Belle-II-Detektor aufspüren? Nicht auf direktem Weg, so viel ist sicher. Theoretische Modelle, die die erwähnten Präzisionsmessungen erklären, sagen voraus, dass sich das Z´ durch seine Wechselwirkung mit Myonen, den schwereren Verwandten der Elektronen, verraten könnte. Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach den Elektron-Positron-Kollisionen eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Myonen-Paaren mit gegensätzlicher Ladung sowie unerwarteten Abweichungen bei Energie- und Impulserhaltung entdecken, wäre das ein wichtiges Indiz für das Z‘.
Allerdings lieferten die neuen Belle II-Daten noch keine Anzeichen für das Z'-Boson. Jedoch kann man mit den neuen Daten die Masse und Kopplungsstärken des Z'-Bosons mit einer bisher unerreichbaren Genauigkeit einschränken. Das Belle-II-Team wird noch viele weitere Kollisionsdaten auswerten müssen, bevor sich das Z' zeigt – oder es als Erklärung der mysteriösen Präzisionsmessungen ausgeschlossen ist.
Mehr Daten, genauere Analysen
„Trotz der noch geringen Datenmenge können wir jetzt Messungen machen, die es so bisher noch nicht gegeben hat“, sagt der Sprecher der deutschen Gruppen, Thomas Kuhr von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Das unterstreiche die wichtige Rolle des Belle-II-Experiments bei der Erforschung der elementaren Teilchen. „Falls es so ein Z‘-Boson tatsächlich gibt, haben wir es mit dieser Messung bereits etwas einkreisen können“, ergänzt DESY-Forscher Ilya Komarov. „Mit zukünftigen Daten können wir diesen Kreis immer enger ziehen.“
Diese ersten Ergebnisse stammen aus der Analyse einer kleinen Menge an Daten, die noch in der Anlaufphase von SuperKEKB im Jahr 2018 gewonnen wurden. An dieser Analyse waren auch DESY-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler maßgeblich beteiligt. Seinen Vollbetrieb nahm Belle II am 25. März 2019 auf. Seither sammelt das Experiment Daten, während gleichzeitig die Kollisionsrate von Elektronen und Positronen stetig gesteigert wird.
Wenn das Experiment perfekt eingestellt ist, wird es ein Vielfaches der Daten liefern, die in die aktuell veröffentlichten Analysen eingeflossen sind. Die Physikerinnen und Physiker hoffen so, neue Erkenntnisse über die Natur der Dunklen Materie und andere ungeklärte Fragen zu erzielen.
Die deutschen Arbeitsgruppen im Belle-II-Experiment werden von folgenden Einrichtungen und Programmen finanziell gefördert:
- Bundesministerium für Bildung und Forschung: Rahmenprogramm Erforschung von Universum und Materie (ErUM)
- Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder:
- „ORIGINS“: EXC-2094 – 390783311
- „Quantum Universe“: EXC-2121 – 390833306
- European Research Council
- European Union’s Horizon 2020 – grant agreement No 822070
- Helmholtz-Gemeinschaft
- Max-Planck-Gesellschaft
Originalveröffentlichung:
Search for an invisibly decaying Z’ boson at Belle II in e+e– ® m+ m– (e+ – m– +) + missing energy final states; The Belle II Collaboration; „Physical Review Letters“, 2020; DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.124.141801