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DESY News: Plasmabeschleuniger zähmen die Welle
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Plasmabeschleuniger zähmen die Welle
Die Technologie der plasmabasierten Beschleunigung verspricht eine neue Generation von leistungsstarken und kompakten Teilchenbeschleunigern. Einem internationalen Forschungsteam ist nun ein großer Schritt auf dem Weg dorthin gelungen: Am Experiment FLASHForward an DESYs FLASH-Beschleuniger erzeugte das Team maßgeschneiderte Teilchenpakete für den optimalen Ablauf der Plasmabeschleunigung. Es gelang ihnen so erstmals, innerhalb des beschleunigten Teilchenpakets eine sehr kleine Bandbreite in der Energieverteilung zu erhalten und gleichzeitig die Teilchen mit bisher unerreichter Energieeffizienz zu beschleunigen. Beides sind wichtige Voraussetzungen für den zukünftigen Einsatz von Plasmabeschleunigern in kompakten Collidern und brillanten Photonenquellen der nächsten Generation.

Ein 50 mm langes Plasmabeschleunigermodul im Betrieb. Das blaue Licht entsteht bei der Rekombination des Argonplasmas nach einer Hochspannungsentladung. Die Vergrößerung zeigt ein simuliertes Plasma-Wakefield, das dem des Experiments entspricht. Es wird von einem führenden Elektronenpaket, das sich nach rechts bewegt, erzeugt; ein nachfolgendes Elektronenpaket wird darin schnell und effizient beschleunigt (Fotomontage: C. Lindstrøm/DESY).
Allerdings erfordern schon die heutigen wissenschaftlichen Experimente an Beschleunigern und Collidern eine hohe Energieeffizienz und stellen hohe Anforderungen an die Strahlqualität, wie z. B. die Verteilung der Teilchenenergien innerhalb des Strahls. Bei Plasmabeschleunigern ist dies eine besondere Herausforderung, da ihre Wakefield-Oszillationen eine sehr hohe Frequenz haben und deshalb schon über die Länge selbst kurzer Teilchenpakete stark variieren. Das führt zu einer Änderung der elektrischen Felder, die die Elektronen beschleunigen, was wiederum zur Folge hat, dass die Teilchen innerhalb des Pakets verschieden stark beschleunigt werden und somit ein breites Spektrum von Endenergien besitzt. Die theoretische Lösung für dieses Problem wurde bereits in den 1980er Jahren, kurz nach der Entdeckung der Plasma-Wakefields, identifiziert: die sehr präzise Formung des beschleunigten Teilchenpakets. Hat dieses eine genau angepasste Zeitstruktur, kann das beschleunigte Paket sein eigenes Wakefield dazu bringen, sich mit dem Kielfeld des beschleunigenden Strahls so zu überlagern, so dass alle Teilchen im Paket gleichmäßig beschleunigt werden. Das ist den Forscherinnen und Forschern an FLASHForward jetzt erstmals gelungen.

Blick entlang der FLASHForward-Strahlführung (rechts im Bild). Sie liegt neben der zweiten Undulatorstrecke (links) des Freie-Elektronen-Lasers FLASH (Foto: D. Nölle/DESY).
In ihren Versuchen beschleunigte das Team die 1-Giga-Elektronenvolt (GeV)-Elektronen von FLASH um 45 Mega-Elektronenvolt (MeV), wobei die Energieverteilung innerhalb des Teilchenpakets, die im Promillebereich lag, erhalten blieb. „Ich bin sehr stolz auf dieses Ergebnis, das ein wichtiger Schritt vorwärts für die Technologie der Plasmabeschleunigung ist und eines der Hauptziele, für die FLASHForward ursprünglich konzipiert wurde“, sagt Jens Osterhoff, Leiter der Plasmabeschleunigergruppe bei DESY und Mitautor der Veröffentlichung.
Mit den genau zugeschnittenen Teilchenpaketen erreichte die Gruppe nicht nur ein „abgeflachtes“ Beschleunigungsfeld – die Methode führt auch zu einer sehr hohen Übertragung der Beschleunigungsenergie. „In diesen ersten Experimenten lag die Effizienz des Energietransfers vom Wakefield auf die Teilchen bei mehr als 40 %, das ist fast ein Faktor 2 besser als bisher, und wir wollen dies noch weiter verbessern“, so Osterhoff.
„Dieses Ergebnis, das durch die hohe Qualität der von DESYs FLASH-Anlage erzeugten Elektronenstrahlen möglich wurde, zeigt, dass Plasmabeschleuniger so konstruiert werden können, dass sie mit hoher Effizienz arbeiten und die Energieverteilung der beschleunigten Teilchen erhalten bleibt. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt für die Entwicklung von Plasmabeschleunigern für praktische Anwendungen“, betont Wim Leemans, Direktor des DESY-Beschleunigerbereichs.
Original-Veröffentlichung
Energy-Spread Preservation and High Efficiency in a Plasma-Wakefield Accelerator; C. A. Lindstrøm, J. M. Garland, S. Schröder, L. Boulton, G. Boyle, J. Chappell, R. D’Arcy, P. Gonzalez, A. Knetsch, V. Libov, G. Loisch, A. Martinez de la Ossa, P. Niknejadi, K. Põder, L. Schaper, B. Schmidt, B. Sheeran, S. Wesch, J. Wood, and J. Osterhoff, Phys. Rev. Lett. 126, 014801