DESY News: Corona-Forschung und Zukunftsprojekte auf Online-Nutzertreffen

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29.01.2021
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Corona-Forschung und Zukunftsprojekte auf Online-Nutzertreffen

Anwenderkonferenzen der Hamburger Röntgenlichtquellen erstmals komplett digital

Die jährlichen Anwenderkonferenzen für die Hamburger Röntgenlichtquellen haben wegen der Corona-Pandemie in diesem Jahr erstmals komplett online stattgefunden. Die Nutzerinnen und Nutzer der DESY-Röntgenquellen PETRA III und FLASH trafen sich dabei vom 25. bis 29. Januar traditionell zeitgleich mit den Anwenderinnen und Anwendern des europäischen Röntgenlasers European XFEL. Das Interesse war ungebrochen: Insgesamt hatten sich mehr als 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus rund 40 Ländern angemeldet.

In rund 30 Vorträgen, mehr als einem Dutzend Satelliten-Workshops und mit fast 370 wissenschaftlichen Postern tauschten sich die Forscherinnen und Forscher über aktuelle Forschungsergebnisse in zahlreichen Disziplinen, neue Entwicklungen und Zukunftsperspektiven aus. Ein wichtiges Thema waren dabei unter anderem die vielfältigen Forschungsprojekte zum Coronavirus, die sich im vergangenen Jahr schnell und unbürokratisch dank Aufrechterhaltung des Messbetriebs durchführen ließen und zum Teil vom DESY-Strategiefonds DSF gefördert wurden. Der Pandemie-sichere Messbetrieb soll in Zukunft noch ausgebaut werden.

Unter anderem wurden Ergebnisse eines umfangreichen Röntgenscreenings potenzieller Wirkstoffe gegen das Coronavirus vorgestellt. An PETRA III waren dazu rund 6000 bereits zugelassene oder zumindest in der klinischen Erprobung befindliche Wirkstoffe aus einer Bibliothek darauf getestet, ob sie sich an bestimmte Schlüsselproteine des Erregers SARS-CoV-2 heften und diese damit blockieren könnten. Dabei fand das von DESY-Forscher Alke Meents koordinierte Team 37 Wirkstoffe, die an ein wichtiges Virusprotein binden, die Hauptprotease. In Versuchen mit infizierten Zellkulturen am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin bremsten sechs dieser Substanzen die Virusvermehrung in den Zellen deutlich. Die beiden Favoriten darunter sind die ursprünglich als Krebsmittel entwickelten Präparate Pelitinib und Calpeptin, für die nun weitere Tests geplant sind.

Mit Hilfe der Phasenkontrast-Tomographie hat ein Team um Tim Salditt von der Universität Göttingen außerdem Lungengewebe von Covid-19-Patienten durchleuchtet. Die kontrastscharfen Bilder des Lungengewebes sind deutlich detailreicher als die Aufnahmen eines kliniküblichen CT-Scanners. „Wo ich beim CT nur ein paar graue Schatten sehe, erkenne ich auf unseren Aufnahmen, wie sich kleinste Gefäße verästeln und wie sich die dünnen Gewebewände der Lungenbläschen verändern“, erklärte Salditt. Unter anderem konnten die Aufnahmen die Vermutung bestätigen, dass Sars-CoV-2 die Bildung neuer Blutgefäße in der Lunge anregt. Die an sich sinnvolle Rettungsreaktion des Körpers auf die Infektion wird durch unzählige winzige Thromben wieder zunichte gemacht, die bei schweren Krankheitsverläufen die Lungenfunktion massiv einschränken. Zusätzliche Untersuchungen von Covid-19-infiziertem Herzgewebe deuten daraufhin, dass dort Ähnliches passiert. Die medizinischen Folgen sind allerdings ebenso unklar wie die Frage, inwieweit sich das Herz wieder von diesen Schäden erholen kann. 

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Der wissenschaftliche Leiter von PETRA III, Christian Schroer, berichtete über das Projekt PETRA IV im Kontext der geplanten Science City Hamburg-Bahrenfeld. Bild: DESY
Diskutiert wurden auch Zukunftspläne für die DESY-Anlagen. So schlägt die noch unveröffentlichte „Photon Science Roadmap“ der Helmholtz-Gemeinschaft unter anderem den „Ausbau der bestehenden Nutzeranlage PETRA III zu PETRA IV, einem Speicherring mit ultrakleiner Emittanz für röntgenmikroskopische Anwendungen und Streumethoden im harten Röntgenbereich mit Schwerpunkt auf der Untersuchung der atomaren Struktur und Funktion von Materie und Materialien, mit einer lateralen Auflösung von makroskopischen Dimensionen bis in den Nanometerbereich“ vor. PETRA IV wird damit das beste Röntgenmikroskop der Welt. Für das Projekt wird derzeit der Technical Design Report erarbeitet, die genaue technische Bauanleitung.

Für DESYs Freie-Elektronen Laser (FEL) FLASH ist ein „Upgrade im Rahmen des FLASH2020+-Projekts zur signifikanten Verbesserung der Strahlparameter und des Parallelbetriebs der zwei FEL-Teilanlagen zur Untersuchung der ultraschnellen Dynamik atomarer und molekularer Anregungen mit XUV- und weicher Röntgenstrahlung hauptsächlich mittels spektroskopischer Methoden“ geplant. Beide DESY-Anlagen werden pro Jahr von rund 3000 Gastforscherinnen und -forschern genutzt. „Mit dem Ausbau unserer Röntgenquellen wollen wir den Nutzerinnen und Nutzern unserer Anlagen auch in Zukunft einzigartige Möglichkeiten an der Grenze des technisch Machbaren eröffnen, um zur Lösung zukünftiger Herausforderungen von gesellschaftlicher Relevanz beitragen zu können“, betonte DESYs Direktor für die Forschung mit Photonen, Edgar Weckert.

 

Nutzertreffen DESY Photon Science und European XFEL: https://indico.desy.de/event/28139/