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DESY News: Nachhaltige Gewinnung elektrischer Energie mit nanoporösen Materialien
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Nachhaltige Gewinnung elektrischer Energie mit nanoporösen Materialien
Lassen sich Phasenübergänge von Wasser in Nanoporen nutzen, um in größerem Maße elektrische Energie zu gewinnen? Das untersucht ein internationales Forscherteam künftig im Forschungsprojekt „Energy harvesting via wetting/drying cycles with nanoporous electrodes (EHAWEDRY)“. Das interdisziplinäre Projekt wird mit insgesamt knapp drei Millionen Euro über vier Jahre gefördert. Hat es Erfolg, könnte das die Gewinnung elektrischer Energie revolutionieren. Forscherinnen und Forscher des im Aufbau befindlichen Zentrums für Integrierte Multiskalige Materialsysteme CIMMS, das bei DESY und an der Technischen Universität Hamburg entsteht, wollen dafür nutzbare Nanomaterialien unter anderem an DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III untersuchen.
Die Natur hat vor allem im Pflanzenreich poröse Biomaterialien entwickelt, die aus Feuchtigkeitsschwankungen in ihrer Umgebung, wie zwischen Tag und Nacht oder zwischen Trocken- und Regenzeit mechanische Energie für Bewegungen gewinnen können. So vergraben sich zum Beispiel manche Pflanzenkeime nur durch die Nutzung von Energie aus Wasserkondensation und -verdampfung autonom in die Erde, ganz ohne dazu externe Energie zu benötigen. Forscher aus Hamburg möchten nun im Rahmen eines europäischen Konsortiums künstliche poröse Materialien und nanofluidische Prozesse entwickeln, die Feuchtigkeitsschwankungen in solchen natürlichen, aber auch in technischen Prozessen nutzen, um damit nutzbare elektrische Energie für die Menschen zu gewinnen.Die Lösung könnte eine radikal neue Technologie sein. Dafür untersucht das internationale Team Zyklen aus Befeuchtung und Trocknung von elektrisch leitfähigen, nanoporösen Materialien, beispielsweise aus Silizium oder Kohlenstoff. „Wir forschen daran, wie Wasser und wässrige Elektrolyte, also zum Beispiel Salzwasser, durch Kapillarkräfte getrieben in kleinste Poren, die im Querschnitt nur 50 Wassermoleküle fassen, eindringen und sie damit befeuchten. Dabei nimmt die Kontaktfläche zwischen der Flüssigkeit und der elektrisch leitenden Porenwand zu. Umgekehrt tritt beim Trocknen der umgekehrte Effekt auf. Die Kontaktfläche nimmt ab. Bei geschickter Führung der sich damit auf- und abbauenden elektrischen Ladungsschichten an den Nanoporwänden, kann man aus diesen Zyklen direkt elektrische Energie gewinnen“, erklärt Professor Patrick Huber, Leiter der Arbeitsgruppe “Hochauflösende Röntgenanalytik von Materialien“ im CIMMS an der Technischen Universität Hamburg und bei DESY.
Nanoporöse Materialien sind mit Schwämmen vergleichbar, die aus Millionen kleiner Poren bestehen. Ein Kubikzentimeter davon kann dabei ein ganzes Fußballfeld an innerer Oberfläche aufweisen. „Diese Eigenschaft führt dazu, dass die Kontaktflächen zwischen Flüssigkeit und Festkörper und damit die elektrischen Kapazitäten pro Volumen sehr groß sind. Die Energieumwandlung pro Benetzungs- und Trocknungzyklus ist daher sehr effizient.“, so Huber weiter.
„Der Klimawandel stellt uns vor die Herausforderung, so wenig fossile Brennstoffe und damit CO2-Produktion wie nötig für die Herstellung von elektrischer Energie zu nutzen. Gleichzeitig gelangt zum Beispiel ein großer Anteil der Primärenergie als Abwärme in die Umgebung und heizt diese zu Lasten des Klimas zusätzlich auf. Das wollen wir im Rahmen dieses Projekts durch die Entwicklung und Erforschung neuer Materialien in Kombination mit geschickter Prozessführung von Trocknungs- und Befeuchtungszyklen auf der Nanoskala, z.B. unter Nutzung von industrieller Abwärme oder Gezeiten am Meer, ändern“, erklärt Andriy Yaroshchuk, Professor an der Universitat Politècnica de Catalunya, Barcelona, Initiator und Koordinator dieses internationalen Projekts.
Diese neue Technologie kann vielfältig und in einem großen Maßstab genutzt werden. Die Kondensation des Wassers in einem geschlossenen Kreislauf von Porenraum zu Porenraum würde den Einsatz in geschlossenen Räumen oder sehr heißen Gebieten ermöglichen, um beispielsweise die Abwärme von Großrechnern für eine nachhaltige Energiegewinnung zu nutzen. Mit einer nach außen durchlässigen Materialoberfläche könnte das Materialinnere durch den natürlichen Tag- und Nachtrhythmus mit Flüssigkeit aus Morgentau versorgt werden. Steigt dann die Außentemperatur, verdampft das Wasser, und elektrische Energie wird gewonnen. Auch Flächen, die im natürlichen Rhythmus der Gezeiten bei Flut befeuchtet werden und bei Ebbe wieder trocknen, würden sich hierfür hervorragend eignen.
Wissenschaftliche Herausforderungen für das Projekt gibt es genug: Neben der Herstellung und dem funktionellen Design der porösen Medien müssen die Forscher:innen das physiko-chemische Verhalten und den Transport von Wasser, Wasserdampf und Ionen in den winzigen Poren detailliert untersuchen und damit voraussagbar machen. Insbesondere muss die spontane Bildung von Luftbläschen im Porenraum (Kavitation) möglichst kontrolliert werden. Für diese Untersuchungen sollen vor allem auch 3-D-Röntgenabbildungsmethoden, wie sie DESYs Röntgenquelle PETRA III bietet, zeit- und prozessabhängig durchgeführt werden, um auf der Skala einzelner Nanoporen, aber auch auf der makroskopischen Skala des elektrisch leitfähigen porösen Mediums die Phasenübergänge und Reorganisation von Wasser und damit die Energieumwandlung mechanistisch zu verstehen und zu optimieren.
Das Forschungsprojekt „Energy harvesting via wetting/drying cycles with nanoporous electrodes EHAWEDRY“ wird aus dem EU-Förderprogramm „Future & Emerging Technologies (FET-Open)“ gefördert, einem Programm, das interdisziplinäre Forschungsprojekte mit mutigen Zukunftsvisionen, von denen man sich technologische Durchbrüche erhofft, unterstützt. Das Projekt wird mit insgesamt knapp drei Millionen Euro über vier Jahre gefördert. In dem internationalen Konsortium sind neben der TU Hamburg und DESY (Arbeitsgruppe P. Huber) auch die Universität Hamburg (Arbeitsgruppe M. Fröba), die Universitat Politècnica de Catalunya, Barcelona (Arbeitsgruppe A. Yaroshchuk) das Catalonia Institute for Energy Research(Arbeitsgruppe A. Cabot), das CNRS Lyon (Arbeitsgruppe Olivier Vincent), das F.D. Ovharenko Institute of Bio-Colloid Chemistry (Ukraine) und zwei industrielle Partner beteiligt.