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DESY News: DESY-Röntgenquelle findet vielversprechende Kandidaten für Coronamedikamente
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DESY-Röntgenquelle findet vielversprechende Kandidaten für Coronamedikamente

In einem umfangfreichen Röntgenscreening haben Forscherinnen und Forscher vielversprechende Kandidaten für Medikamente gegen das Coronavirus (künsterische Darstellung) identifiziert. Bild: DESY, Science Communication Lab

Elektronendichtekarte des antiviral aktivsten Wirkstoffs Calpeptin (gelb), der an die Hauptprotease bindet. Bild: DESY, Sebastian Günther
Die Strahlführung P11 von DESYs Forschungslichtquelle PETRA III ist auf strukturbiologische Untersuchungen spezialisiert. Hier lässt sich die dreidimensionale räumliche Struktur von Proteinen atomgenau darstellen. Das nutzte das Forschungsteam um DESY-Physiker Alke Meents, um mehrere tausend bekannte Wirkstoffe aus einer Bibliothek des Fraunhofer-Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie und einer weiteren der italienischen Firma Dompé Farmaceutici SpA darauf zu untersuchen, ob und wie sie an die Hauptprotease „andocken“ – der erste wichtige Schritt, um sie zu blockieren. Wie der Schlüssel in ein Schloss passt dabei das Wirkstoffmolekül in ein Bindungszentrum der Protease. Der Vorteil der Wirkstoffbibliothek: Es handelt sich um bereits für die Behandlung von Menschen zugelassene Wirkstoffe oder solche, die sich zurzeit in verschiedenen Erprobungsphasen befinden. Geeignete Kandidaten zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 könnten daher erheblich schneller in klinischen Studien eingesetzt werden und so Monate oder Jahre der Wirkstoffentwicklung sparen.

DESY-Forscher Alke Meents bei den Wirkstoffscreenings an der PETRA III-Strahlführung P11. Foto: DESY, Christian Schmid
In einem nächsten Schritt untersuchten die Forscherinnen und Forscher am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, ob diese Wirkstoffe in Zellkulturen die Virusvermehrung hemmen oder gar verhindern, und wie verträglich sie für die Wirtszellen sind. Hierbei reduzierte sich die Zahl der geeigneten Wirkstoffe auf sieben, von denen zwei besonders hervorstachen. „Die Wirkstoffe Calpeptin und Pelitinib zeigten die deutlich höchste Antiviralität bei guter Zellverträglichkeit. Unsere Kooperationspartner haben daher bereits präklinische Untersuchungen mit diesen beiden Wirkstoffen begonnen“, erklärt DESY-Forscher Sebastian Günther, Erstautor der „Science“-Veröffentlichung.

Oberflächendarstellung der Corona-Hauptprotease (violett) mit gebundenem Wirkstoff Pelitinib (grün). Bild: DESY, Sebastian Günther
„Eine besondere Stärke unserer Methode des Röntgenscreenings im Vergleich zu anderen Screeningmethoden ist, dass wir als Ergebnis die dreidimensionale Struktur der Protein-Wirkstoff-Komplexe erhalten und damit die Bindung der Wirkstoffe an das Protein auf atomarer Ebene bestimmen können. Selbst wenn die beiden aussichtsreichsten Kandidaten es nicht in klinische Studien schaffen sollten, so bilden die 37 Stoffe, die an die Hauptprotease binden, eine wertvolle Datenbasis für darauf aufbauende Medikametenentwicklungen,“ erläutert Patrick Reinke, DESY-Forscher und Koautor der Veröffentlichung.

In der Kontrollhütte der PETRA III-Strahlführung P11 zeigt DESY-Forscherin Wiebke Ewert auf einer sogenannten Elektronendichtekarte, wo ein Wirkstoffkandidat (grün) an die Hauptprotease des Corona-Virus (blau) bindet. Foto: DESY, Christian Schmid
An den Arbeiten sind neben DESY-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern auch Forscherinnen und Forscher der Universitäten Hamburg und Lübeck, des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin, des Fraunhofer-Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie, des Heinrich-Pette-Instituts, des European XFEL, des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie EMBL, der Max-Planck-Gesellschaft, des Helmholtz-Zentrums Berlin und weiteren Institutionen beteiligt. Zusätzlich zu den Experimenten an der Messstation P11 wurden auch Messungen an den EMBL-Messstationen P13 und P14 an PETRA III durchgeführt.
Originalveröffentlichung:
X-ray screening identifies active site and allosteric inhibitors of SARS-CoV-2 main protease; Sebastian Günther, Patrick Y. A. Reinke, et al.; „Science“, 2021; DOI: 10.1126/science.abf7945