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DESY News: Licht-durch-die-Wand-Experiment ALPS startet Suche nach Dunkler Materie
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Meldungen vom Forschungszentrum DESY
Licht-durch-die-Wand-Experiment ALPS startet Suche nach Dunkler Materie
Mit dem „Licht-durch-die-Wand-Experiment“ ALPS II startet heute bei DESY das weltweit empfindlichste modellunabhängige Experiment für die Suche nach besonders leichten Teilchen, aus denen die Dunkle Materie aufgebaut sein könnte. Nach wissenschaftlichen Berechnungen sollte diese ominöse Form von Materie fünfmal so häufig im Universum vorkommen wie normale, sichtbare Materie. Bisher hat jedoch noch niemand Teilchen dieses Stoffs messen können – mit dem ALPS-Experiment könnte dieser Nachweis jetzt gelingen.

Magnetreihe des ALPS-Experiments im HERA-Tunnel: In dieser Hälfte der Magnete wird intensives Laserlicht hin- und hergespiegelt, aus dem sich Axionen formen sollen. Foto: DESY, Marta Mayer
In einem rund 120 Meter langen Vakuumrohr, das von zwölf in gerader Reihe aufgestellten HERA-Magneten umschlossen wird, spiegelt das ALPS-Team hochintensives Laserlicht in einem sogenannten optischen Resonator hin und her. Sollte sich in dem starken Magnetfeld ein Photon in ein Axion verwandeln, könnte dieses eine lichtdichte Wand durchqueren, die am Ende dieser Magnetreihe steht. Hinter dieser Wand steht eine fast gleich aufgebaute Magnetstrecke. In ihr könnte sich dieses Axion wieder in Licht zurückverwandeln, das durch den Detektor am Ende aufgefangen wird. Ein zweiter optischer Resonator, der hier aufgebaut ist, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass aus einem Axion wieder ein Lichtteilchen wird, um den Faktor 10 000. Sieht man jetzt also Licht hinter der Wand, so muss es zwischendurch ein Axion gewesen sein. „Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Photon in ein Axion und wieder zurückverwandelt, ist allerdings trotz all unserer Techniktricks sehr klein – vergleichbar damit, dass man gleichzeitig mit 33 Würfeln einen Pasch wirft“, sagt DESY-Forscher Axel Lindner, Projektleiter und Sprecher der ALPS-Kollaboration.

Die Suche nach den Axionen beginnt zunächst in einem reduzierten Betriebsmodus, in dem die Suche nach „Untergrundlicht“, welches die Anwesenheit von Axionen vortäuschen könnte, vereinfacht wird. In der zweiten Jahreshälfte 2023 soll das Experiment die volle Sensitivität erreichen. Für 2024 ist dann eine Verbesserung des Spiegelsystems vorgesehen, außerdem kann später ein alternatives Lichtdetektorsystem installiert werden. Mit ersten Veröffentlichungen der Ergebnisse aus ALPS-Messungen rechnen die Forschenden für das Jahr 2024. „Selbst wenn wir mit ALPS keine leichten Teilchen finden sollten, werden wir mit dem Experiment die Ausschlussgrenzen für superleichte Teilchen um den Faktor 1000 verschieben“, ist Lindner überzeugt.

Panoramafoto des 250 Meter langen ALPS-Experiments. In der Mitte ist der erste Magnet zu sehen, der für ALPS II im Tunnel installiert wurde. Er trägt die Unterschriften der beteiligten Mitarbeitenden. Foto: DESY, Marta Mayer
Auch für die Zeit nach der Axionensuche haben die Forschenden schon Pläne. Sie wollen mit ALPS beispielsweise herausfinden, ob ein Magnetfeld die Ausbreitung des Lichts in Vakuum beeinflusst, wie vor Jahrzehnten von Euler und Heisenberg vorhergesagt. Und auch zum Nachweis von hochfrequenten Gravitationswellen wollen die Forschenden den experimentellen Aufbau weiterverwenden.
Was sind Axionen?
Axionen sind hypothetische Teilchen. Sie gehören zu einem physikalischen Mechanismus, den der Theoretiker Roberto Peccei zusammen mit seiner Kollegin Helen Quinn 1977 vorgeschlagen hat, um ein Problem der starken Wechselwirkung – einer der vier Grundkräfte der Natur – zu lösen. 1978 haben die Theoretiker Frank Wilczek und Steven Weinberg ein neues Teilchen mit diesem Peccei-Quinn-Mechanismus in Verbindung gebracht. Da dieses Teilchen die Theorie „bereinigen“ würde, nannte Wilczek es nach einem Waschmittel „Axion“. Axionen oder Axion-ähnliche Teilchen werden von verschiedenen Erweiterungen des Standardmodells der Teilchenphysik vorhergesagt. Gäbe es sie, würden sie gleich eine ganze Reihe von heutzutage rätselhaften physikalischen Problemen lösen, unter anderem sind sie Kandidaten für die Bausteine der Dunklen Materie. Diese sollte nach aktuellen Berechnungen rund fünfmal so häufig im Universum vorkommen wie normale Materie.
Mehr zu ALPS II:
Youtube-Video (auf Englisch mit deutschen Untertiteln): https://www.youtube.com/watch?v=qwbGDRTQG48
Webseite zu Dunkler Materie und ALPS: https://darkmatter-alps.desy.de/
Animation: https://www.youtube.com/watch?v=ZoIvMfwraY4
Webseite zum ALPS-Experiment: https://www.desy.de/forschung/anlagen__projekte/alps_ii/index_ger.html