URL: https://www.desy.de/aktuelles/news_suche/index_ger.html
Breadcrumb Navigation
DESY News: Aus der Grundlagenforschung in die Anwendung: Breit einsetzbarer Gasdrucksensor zum Patent angemeldet
News-Suche
Meldungen vom Forschungszentrum DESY
Aus der Grundlagenforschung in die Anwendung: Breit einsetzbarer Gasdrucksensor zum Patent angemeldet
Seitdem sie 2015 erstmals überhaupt gemessen werden konnten, sind Gravitationswellen, die beispielsweise bei der Kollision von Schwarzen Löchern und Neutronensternen entstehen, eines der heißesten Eisen in der Grundlagenforschung. Wie sich die Erkenntnisse aus dieser Wissenschaft einmal auf unseren Alltag auswirken, kann zurzeit noch niemand sagen. Dass aus dieser Wissenschaft aber auch jetzt schon Entwicklungen hervorgehen, die eine breite Anwendung im Alltag finden könnten, beweist eine Erfindung von DESY-Forscher Christoph Reinhardt aus der ALPS-Forschungsgruppe und Hossein Masalehdan, Doktorand am Institut für Quantenphysik der Universität Hamburg: Sie erfanden einen Drucksensor, der über extrem große Druck- und Temperaturbereiche einsatzfähig ist und als Variante sogar identifizieren kann, welches Gas ihn umströmt. Diese Erfindung, die sie zum Patent angemeldet haben und für die sie gerade mit dem DESY-Innovationspreis ausgezeichnet wurden, wollen sie zusammen mit ihren Arbeitsgruppen in Richtung Marktreife weiterentwickeln. Das DESY-Generator-Programm, eine DESY-interne Anschubfinanzierung für Transferprojekte, fördert diese Entwicklungsarbeiten jetzt.

In einem Probeaufbau nahmen die Forschenden eine Membran von etwa einem Quadratmillimeter Größe aus Siliziumnitrid, einem keramischen Material mit sehr geringer innerer Reibung. Sie brachten sie mit Hilfe eines Piezokristalls in eine resonante Schwingung. Bei ihren Messungen am Institut für Quantenphysik stellten sie fest, dass das Abklingen der Schwingung sehr genau vom Druck des Gases abhängt, in dem sich die Membran befindet. Dieser Zusammenhang gilt für einen weiten Druckbereich von normalem Atmosphärendruck von ca. 1000 Hektopascal (hPa) bis hinunter zu einem Zehnmilliardstel dieses Drucks (10-7 hPa). „Kein anderer Sensor hat so einen breiten Messbereich“, sagt Reinhardt. Und dabei ist der Sensor noch sehr unkompliziert: Ohne weitere Kalibration, nur aus den Parametern der Membran, weist der Sensor bereits eine Messungenauigkeit von höchstens 15 Prozent auf. Dies und weitere Charakteristika des neuen Sensors stellte die Forschungsgruppe kürzlich in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung vor. „Für eine präzisere Bestimmung der Eigenschaften des Sensors müssen wir erst noch bessere kommerzielle Druckmessgeräte beschaffen“, so Reinhardt.

Als nächstes will die Gruppe all die Eigenschaften und möglichen Funktionalitäten des Sensors genauer bestimmen, ihre Erfindung weiterentwickeln und in die Anwendung bringen – gefördert vom DESY Generator-Programm. „Wir möchten einen kompakten Prototypen herstellen, der für den Betrieb unter realistischen Bedingungen konstruiert ist“, so Reinhardt. So soll die Lichteinspeisung zum Messen der Schwingung beispielsweise per Glasfaser erfolgen, falls der Sensor an schlecht erreichbaren oder engen Stellen montiert ist. Weiterhin soll rein elektrisches Auslesen entwickelt werden als komplementärer Ansatz zur optischen Methode.
Doch auch die Grundlagenforschung soll direkt von der neuen Erfindung profitieren, und das nicht nur im Bereich der Gravitationswellendetektion. Bei Einbau des Sensors in das Strahlrohr des Licht-durch-die-Wand-Experiments ALPS II, könnte er die genaue Einstellung des Heliumdrucks in den Lichtspeicherstrecken ermöglichen. Somit ließe sich der Brechungsindex des dortigen Gases gezielt anpassen und die Empfindlichkeit auf Axion-Teilchen mit anderen Massen erweitern.
Originalveröffentlichung
Calibration-less gas pressure sensor with a 10-decade measurement range; C. Reinhardt, H. Masalehdan et al., arxive.org; DOI: 10.48550/arXiv.2309.12044