DESY News: Zwicky Transient Facility veröffentlicht umfangreichste Supernovae-Beobachtungen

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14.02.2025
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Zwicky Transient Facility veröffentlicht umfangreichste Supernovae-Beobachtungen

Hochleistungskamera verdoppelt die Zahl der bekannten Supernovae vom Typ Ia

Die Zwicky Transient Facility (ZTF) veröffentlicht eine Sammlung von 3628 hochaufgelösten Datensätzen von Supernovae des Typs Ia, die zwischen März 2018 und Dezember 2020 von dem einzigartigen Instrument erfasst wurden. Supernovae dieses Typs sind kosmische Explosionen, die zur Messung von Entfernungen im Universum herangezogen werden. Der bisher umfangreichste Datensatz dieser Phänomene wurde heute von der internationalen ZTF-Arbeitsgruppe, an der auch DESY beteiligt ist, als Sonderausgabe des Fachmagazins „Astronomie und Astrophysik“ veröffentlicht. „Die Veröffentlichung enthüllt neue Erkenntnisse über die Natur von Supernovae des Typs Ia und ihre Verwendung als kosmologische Kerzen und läutet das Zeitalter der Hochpräzision in der Supernovae-Kosmologie ein“, freut sich Marek Kowalski, Leitender Wissenschaftler bei DESY und Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin, dessen Arbeitsgruppe am Experiment beteiligt ist.

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Das Titelblatt der Sonderausgabe von „Astronomie und Astrophysik“ zeigt die von der ZTF erfassten Supernovae des Typs Ia. Beispielhaft ist unten rechts der zeitliche Ablauf von Aufflammen und Erlöschen solch einer Supernova abgebildet. Grafik: ZTF-Kollaboration
Supernovae des Typs Ia sind bombastische Explosionen von weißen Zwergsternen am Ende ihres Lebens. Innerhalb von ungefähr zwei Wochen erreicht jedes dieser Ereignisse eine Spitzenleuchtkraft von 10 Millionen sonnenähnlichen Sternen. Die bemerkenswerte Konstanz der Leuchtkraft der verschiedenen Explosionen machen sie für Forschende zu einem idealen Maßstab, um Entfernungen im Universum zu bestimmen, indem sie ihre Lichtströme vergleichen: Weiter entfernte Objekte erscheinen schwächer, nähere heller. Die beschleunigte Ausdehnung des Universums, deren Entdeckung 2011 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, wurde in den späten 90er Jahren anhand von etwa 100 dieser Supernovae entdeckt. Seitdem untersuchen Kosmologen den Grund für diese Beschleunigung. Die populärsten Erklärungen postulieren die Existenz einer Dunkle Energie, deren Ursprung aber noch ungeklärt ist.

Die Zwicky Transient Facility – benannt nach dem Astrophysiker Fritz Zwicky – besitzt eine Kamera mit mehr als 500 Millionen Pixeln und ist in der Lage, jede Nacht einen besonders großen Blickwinkel in Bildern mit höchster Auflösung einzufangen. Sie wurde extra dafür entwickelt, eine möglichst große Zahl von Sternexplosionen und anderen kurzlebigen, energiereichen Himmelsereignissen mit hoher Genauigkeit zu verfolgen. Sie „sieht“ Ereignisse, die bis zu eine Million Mal schwächer als die schwächsten mit bloßem Auge sichtbaren Sterne sind, und kann dank dieser Empfindlichkeit fast alle Supernovae im Umkreis von 1,5 Milliarden Lichtjahren um die Erde aufspüren. Die in einer Messzeit von März 2018 bis Dezember 2020 gesammelten Daten ermöglichen den Forschenden neue Einsichten zur Dunklen Energie, die komplexer erscheint, als ursprünglich vermutet wurde. Sie bringen die Wissenschaft aber auch der Frage näher, was genau bei den Supernovae abläuft, und ob sie sich wirklich alle so ähnlich sind, wie bisher angenommen. Insgesamt veröffentlicht die kosmologische Arbeitsgruppe des ZTF 21 Artikel, die sich mit diesen 3628 Supernovae vom Typ Ia befassen und eine Sonderausgabe der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics bilden.

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DESY lieferte den mit einer Öffnung von 1,31 Metern Durchmesser größten, je gebauten Kameraverschluss. Er wurde in Zusammenarbeit mit der Bonn-Shutter-Gruppe entwickelt und getestet. Bild: DESY
„In den vergangenen fünf Jahren hat eine ZTF-interne Arbeitsgruppe diese Daten gesammelt und ausgewertet. Jetzt geben wir sie für die gesamte Gemeinschaft frei. Dieser Datensatz ist in Bezug auf Größe und Homogenität so einzigartig, dass wir erwarten, dass sie den Bereich der Supernovae-Kosmologie erheblich beeinflussen und, zusätzlich zu den Ergebnissen, die wir bereits veröffentlicht haben, zu vielen neuen Erkenntnissen führen wird.“, sagt Mickael Rigault, Forscher am Institut des deux Infinis de Lyon (CNRS / Claude Bernard Universität) und Leiter der ZTF-Arbeitsgruppe Kosmologie. „Dies ist ein entscheidender Schritt, um zu beurteilen, ob die derzeitigen Messungen in Bezug auf Dunkle Energie auf eine neue fundamentale Physik oder auf ein noch unbekanntes Problem in der Art und Weise, wie wir Entfernungen ableiten, zurückzuführen sind.“

„Eines der wichtigsten Ergebnisse dieser Studien ist, dass Supernovae vom Typ Ia in Abhängigkeit von ihrer Umgebung variieren, und zwar stärker als bisher angenommen. Dies könnte die Art und Weise ändern, wie wir die Expansionsgeschichte des Universums messen, und könnte wichtige Konsequenzen für die derzeitige Abweichung im Standardmodell der Kosmologie haben“, sagt Kowalski.

„Wir stellen der astronomischen Gemeinschaft Tausende von Lichtkurven und Spektren von Supernovae des Typs Ia zur Verfügung. In einem nächsten Schritt werden wir die ZTF-Daten mit weiter entfernten Supernovae kombinieren. Auf diese Weise können wir die Expansionsrate des Universums in den letzten 10 Milliarden Jahren verfolgen und neue Erkenntnisse über die Natur der Dunklen Energie gewinnen“, ergänzt Jakob Nordin, Leiter der Berliner ZTF-Kosmologiegruppe.