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ALPS II
Licht-durch-die-Wand-Experiment ALPS
Auf der Fahndungsliste der DESY-Forschenden stehen nicht nur extrem schwere Teilchen, nach denen mit großen Hochenergiebeschleunigern gesucht wird. Auch hypothetische sehr leichte Teilchen könnten Erklärungen für unverstandene physikalische Phänomene liefern. Mit dem im Verhältnis zu den gewaltigen Apparaturen am LHC geradezu winzigen Experiment ALPS II sind Forschende bei DESY den Leichtgewichten auf der Spur.
Mit großen Hochenergiebeschleunigen wie dem Large Hadron Collider (LHC) beim Forschungszentrum CERN in Genf fahnden die Physikerinnen und Physiker nach Schwergewichten – Teilchen, die ihnen bisher entgangen sein könnten, weil die Energie früherer Beschleuniger nicht ausreichte, um Teilchen mit so hoher Masse zu erzeugen. In der Tat sagen Theorien, die über das Standardmodell der Teilchenphysik hinausführen, neuartige Teilchen voraus, die etwa 1000-mal schwerer sind als das Proton. Jüngste theoretische Arbeiten sowie einige bisher kaum verstandene experimentelle Beobachtungen deuten jedoch darauf hin, dass sich die „neue Physik“ auch in einer Fülle von extrem leichten Teilchen offenbaren könnte.
Diese so genannten WISPs (für Weakly Interacting Sub-eV Particles, schwach wechselwirkende Teilchen mit Massen unter einem Elektronenvolt) reagieren nur sehr selten mit Materie und werden entsprechend selten erzeugt, so dass ihre Spuren an den großen Hochenergiebeschleunigern in der Flut von Standardreaktionen untergehen würden. Um die hypothetischen WISPs am unteren Ende der Massenskala aufzuspüren, müssen die Forschenden deshalb zu anderen Mitteln greifen. Mit dem Experiment ALPS (Any Light Particle Search) wird auch bei DESY nach den flüchtigen Leichtgewichten gesucht.
Licht durch die Wand
Die internationale Gruppe der an ALPS beteiligten Physikerinnen und Physiker verfolgt den unmöglich anmutenden Ansatz, „Licht durch eine Wand“ zu schicken: Sie senden einen Laserstrahl durch das starke Magnetfeld von ursprünglich für den HERA-Beschleuniger gebauten supraleitenden Dipolmagneten. Sollte es tatsächlich WISPs geben, so könnte ein Teil der Photonen (Lichtteilchen) des Laserstrahls dabei verschwinden und sich in die unbekannten Leichtgewichte umwandeln. In der Mitte zwischen den Magneten stoppt eine Wand das Laserlicht. Die erzeugten WISPs könnten die Wand jedoch durchqueren – da sie so selten mit anderen Teilchen wechselwirken, ist feste Materie für sie kein Hindernis. Im Magnetfeld hinter der Wand könnten sich einige der theoretisch vorhergesagten neuen Teilchen wieder in Lichtteilchen zurück verwandeln, die sich dann mit einem Photonendetektor nachweisen ließen. Damit wäre das Licht in der Tat „durch die Wand“ gegangen.
Klein aber fein
In der ersten Phase des ALPS-Experiments von 2007 bis 2010 nutzten die Forschenden zunächst einen einzelnen HERA-Magneten. Als weltweit empfindlichstes Experiment auf diesem Gebiet lieferte ALPS die genauesten Grenzen für die Existenz von WISPs – mit zehnmal besserem Ergebnis als frühere Experimente. Um die Empfindlichkeit der Messungen nochmals um mehrere Größenordnungen zu erhöhen, fahndet jetzt ALPS II mit 24 modifizierten HERA-Dipolen, in deren Mitte sich die zu durchdringende Wand befindet, nach WISPs. Kombiniert mit sogenannten optischen Resonatoren auf beiden Seiten der Wand und einem extrem sensitiven Detektionssystem, das ein Lichtteilchen pro Tag aufspüren kann, wird ALPS II 12 Größenordnungen empfindlicher als das erste Licht-durch-die-Wand-Experiment bei DESY sein. Ein Ziel des Teams ist die Prüfung astrophysikalischer Hinweise auf WISPs.
Wer weiß – womöglich gelingt es ALPS II mit den recycelten HERA-Magneten, vor den Experimenten an den milliardenschweren Beschleunigern Hinweise auf neue Physik zu finden. Auf jeden Fall ergänzt die Suche nach sehr leichten Teilchen im Niedrigenergiebereich die Messungen an den Großexperimenten bei höchsten Energien auf optimale Weise – in Kombination werden die Ergebnisse entscheidend dazu beitragen, unser Verständnis der elementaren Bausteine des Universums und ihrer Wechselwirkungen zu vertiefen.
Die Entwicklungsarbeiten für ALPS II begannen im Jahr 2011. Die ersten Ergebnisse werden für 2024 erwartet.
Weitere WISP-Experimente bei DESY
Sollten die WISP-Teilchen existieren, so müssten sie auch in großen Mengen in der Sonne produziert werden. Das Internationale AXion-Observatorium (IAXO) soll nach WISPs suchen, die von der Sonne ausgesandt werden. In einem speziellen Magneten, der der Sonne folgt, würden solche Teilchen in Röntgenphotonen umgewandelt. BabyIAXO, der Prototyp für IAXO, wird nicht nur die Erprobung wichtiger Technologien ermöglichen, sondern auch eine noch nie dagewesene Empfindlichkeit bei der WISP-Suche erreichen. Der Bau von BabyIAXO bei DESY könnte im Jahr 2025 beginnen, die ersten Daten könnte das Experiment vier Jahre später liefern.
Das Magnetized Disk and Mirror Axion eXperiment (MADMAX) zielt auf galaktische Axionen, also die Dunkle Materie, die uns ständig umgibt und dafür sorgt, dass unsere Galaxie zusammenhält. Diese uns umgebenden WISPs könnten sich – wiederum in einem sehr starken Magnetfeld – in sehr schwache Mikrowellenstrahlung umwandeln. Gegenwärtig laufen Prototypentests für MADMAX; das endgültige Experiment könnte im Jahr 2030 fertig sein.