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03.05.2013
Vulkane können die Ozonschicht schädigen
GEOMAR- und DESY-Forscher weisen auf einen möglichen Einfluss von Eruptionen auf Ozonabbau hin
Die stellenweise extreme Ausdünnung der Ozonschicht, die in den 1980er Jahren entdeckt wurde, war eindeutig von Menschen verursacht. Doch auch in der Natur gibt es Quellen von Ozonkillern. Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und von DESY in Hamburg haben jetzt nachgewiesen, dass starke vulkanische Eruptionen große Mengen ozonschädigender Gase enthalten können. Ihre Studie erscheint in der international renommierten Fachzeitschrift „Geology“.
Mitte der 1980er Jahre hatten Atmosphären-Forscher entdeckt, dass die Ozonschicht in der Stratosphäre stellenweise stark ausgedünnt war. Als Verursacher dieses „Ozonlochs“ wurden ozonschädigende Fluorchlorkohlenwasserstoffe ausgemacht, die die Menschheit in großen Mengen für verschiedene Industrieprodukte hergestellt und in die Atmosphäre entlassen hatte. Ozon in der Stratosphäre, also in 15 bis 50 Kilometern Höhe, ist jedoch wichtig für das Leben auf der Erde, weil es wie ein Schutzschild gegen schädliche UV-Strahlung aus dem All wirkt. Deshalb einigte sich die internationale Staatengemeinschaft vergleichsweise schnell auf Gegenmaßnahmen, und tatsächlich erholt sich die Ozonschicht seitdem langsam. Prognosen, ob und wann sie wieder einen vorindustriellen Zustand erreicht, sind jedoch schwierig. Doch auch die Natur produziert ozonschädigende Stoffe, zum Beispiel Brom- und Chlorverbindungen. „Das sind sogenannte Halogene, die sehr gerne mit anderen Substanzen – speziell Ozon – reagieren“, erklärt die Meteorologin Kirstin Krüger vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Eine starke Quelle für Brom- und Chlorverbindungen sind beispielsweise Vulkane. Sie setzen diese Verbindungen bei Eruptionen frei. Ein Forscherteam um Steffen Kutterolf (GEOMAR) und Karen Appel (DESY, jetzt European XFEL) wollte deshalb in Hamburg herausfinden, ob und wie stark Vulkanausbrüche in der Vergangenheit in der Lage waren, die Ozonschicht zu schädigen. „Tatsächlich haben wir herausgefunden, dass große Vulkanausbrüche erheblichen Einfluss auf die Ozonschicht gehabt haben können“, sagt Kutterolf.
Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftler beispielhaft 14 große Vulkanausbrüche ausgewählt, die in den vergangenen 70 000 Jahren auf dem Gebiet des heutigen Nicaragua stattgefunden haben und die explosiv genug waren, um Gase bis in die Stratosphäre zu transportieren. Um die insgesamt bei den Eruptionen freigesetzten Gasmengen zu bestimmen, analysierten die Forscher feinste gasreiche Glaseinschlüsse in Kristallen, die sich bereits vor den Ausbrüchen in den Magmakammern der Vulkane gebildet hatten. Um auch Spurengase wie Brom oder Chlor präzise messen zu können, nutzten die Forscher die hochenergetische Strahlung des DORIS-Speicherrings für ihre Analysen. „Das Röntgenlicht regt die chemischen Elemente in den Einschlüssen zum Leuchten an“, erläutert Karen Appel die Untersuchungen. „Dabei fluoresziert jedes Element bei anderen, typischen Wellenlängen, wodurch wir es identifizieren können. Die Stärke des Leuchtens erlaubt die Bestimmung der Elementgehalte.“ Die Ergebnisse verglichen die Wissenschaftler mit der Zusammensetzung von Lavagestein, das sich bei den jeweiligen Ausbrüchen gebildet hatte. Die Differenz erlaubt eine Abschätzung des Gasgehaltes.
Um den möglichen Einfluss der so ermittelten Gasmengen auf die Stratosphäre zu bestimmen, gingen die Forscher davon aus, dass zehn Prozent der freigesetzten Halogene bis in 15 Kilometer Höhe und höher transportiert wurden. Trotz der vorsichtigen Annahmen ergaben die Berechnungen, dass die Brom- beziehungsweise Chlorkonzentrationen in der Stratosphäre nach den 14 untersuchten Eruptionen durchschnittlich auf das zwei- bis dreifache der vor-industriellen Konzentration stiegen. Die Upper Apoyo Eruption entließ beispielsweise vor 24 500 Jahren mindestens 120 Megatonnen Chlor und 600 000 Tonnen Brom in die Stratosphäre – ein Effekt, der zu einem massiven Ozonabbau geführt haben könnte und wahrscheinlich große Teile der Erdatmosphäre betraf.
„Wir wissen jetzt also, dass Vulkaneruptionen in vergangenen Epochen der Erdgeschichte das Potenzial hatten, die Ozonschicht zu schädigen. Als nächstes muss die Forschung herausfinden, wie viel Schaden sie der Ozonschicht tatsächlich zugefügt haben. Dann können wir auch Abschätzungen für zukünftige Eruptionen durchführen“, so Kutterolf.