08.10.2013

DESY gratuliert François Englert und Peter Higgs zum Physiknobelpreis

Das Nobelpreiskomitee hat den Nobelpreis für Physik am Dienstag dem Belgier François Englert und dem Briten Peter Higgs für ihre Theorie zur Erklärung der Masse von Elementarteilchen zugesprochen. Deutschlands Teilchenphysikzentrum DESY gratuliert den Preisträgern zu dieser bedeutenden Anerkennung ihrer Arbeit. Die inzwischen als „Higgs-Mechanismus“ bekannt gewordene physikalische Theorie erklärt die Masse der Elementarteilchen durch eine überall vorhandene Wechselwirkung mit einem sogenannten skalaren Higgs-Feld. Mit der Entdeckung des dazugehörigen Higgs-Teilchens am weltgrößten Teilchenbeschleuniger LHC am europäischen Teilchenforschungszentrum CERN im Juli 2012 wurde nach 48 Jahren Suche die Bestätigung dieses Mechanismus gefunden. An der Entdeckung waren auch viele deutsche Forscher maßgeblich beteiligt.

François Englert (links) und Peter Higgs beim CERN am 4. Juli 2012, als die Experimente ATLAS und CMS die Entdeckung des Higgs-Bosons bekanntgaben. Foto: Maximilien Brice/CERN

„Es ist für mich ein Triumph des menschlichen Geistes, wenn die Theorie, wie unser Universum funktioniert, aufgestellt vor fast 50 Jahren, heute experimentell bestätigt wird“, sagt DESYs Direktor für Teilchenphysik, Prof. Joachim Mnich. „Generationen von Teilchenphysikern waren auf der Suche nach diesem Teilchen, und seine Entdeckung ist nicht zuletzt vielen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu verdanken, die mit großem Engagement die  LHC-Experimente aufgebaut und die Daten ausgewertet haben.“

Das Higgs-Teilchen ist ein zentrales Puzzleteil im Standardmodell der Teilchenphysik, der Theorie, die das Zusammenwirken der elementaren  Teilchen und Kräfte beschreibt. Denn in seinen ersten Ansätzen hatte das Standardmodell eine Schwachstelle: Alle sogenannten Austauschteilchen, die die Kräfte vermitteln, hätten masselos sein müssen. Doch Experimente zeigen eindeutig, dass das nicht für alle gilt. Um diesen Widerspruch aufzulösen, führten Peter Higgs sowie Robert Brout († 2011) und François Englert unabhängig voneinander in der 60er Jahren ein neues Feld ein. Dieses Higgs-Feld durchdringt das ganze Universum und soll den Teilchen ihre Masse verleihen. Je stärker die Wechselwirkung zwischen Higgs-Feld und Elementarteilchen ist, je stärker also das Higgs-Feld ein Teilchen bremst, desto größer ist die Masse dieses Teilchens. Peter Higgs erkannte 1964, dass mit diesem Feld auch ein neues Teilchen verbunden ist – daher trägt das Teilchen auch seinen Namen.

Im Juli 2012 verkündeten Wissenschaftler der großen LHC-Experimente ATLAS und CMS, dass sie ein neues Teilchen mit Eigenschaften, die von einem Higgs-Teilchen erwartet wurden, nachgewiesen hätten. DESY ist an beiden Experimenten beteiligt. Bis Ende 2012 konnten die Forscher ihre Ergebnisse durch noch genauere Messungen bestätigen und mit Sicherheit sagen, dass es sich bei dem gefundenen neuen Teilchen um ein Higgs-Teilchen handelt. Der exakte Nachweis, ob es sich um genau das im Standardmodell der Teilchenphysik vorhergesagte Higgs-Teilchen oder eines mit anderen Eigenschaften handelt, steht noch aus. „Es gibt noch sehr viele Fragen zu klären: Warum haben die Teilchen genau die Masse, die sie haben? Ist das Higgs genau das vom Standardmodell vorhergesagte oder nur eines von mehreren supersymmetrischen Higgs-Teilchen? Das Auffinden des Teilchens war erst der erste Schritt auf einer wahrscheinlich noch langen Entdeckungsreise“, betont Mnich.

 

Mitteilung des Nobel-Komitees: www.nobelprize.org

Hintergrundinformationen zum Higgs-Teilchen: www.weltmaschine.de/higgs

DESY-Teilchenphysikdirektor Joachim Mnich im Interview auf helmholtz.de