06.07.2025

Neue Mittel im Kampf gegen Malaria

Malariaerreger entwickeln immer wieder Resistenzen gegen Medikamente, was die Entwicklung neuer Therapien und Behandlungsstrategien nötig macht.

Sie ist eine der tödlichsten Infektionskrankheiten der Welt: Malaria. Jedes Jahr sterben rund 600 000 Menschen an der Infektion, die von einzelligen Parasiten verursacht und von Anopheles-Mücken übertragen wird. Das Problem bei der Behandlung: Die Malariaerreger entwickeln immer wieder Resistenzen gegen Medikamente, was die Entwicklung neuer Therapien und Behandlungsstrategien nötig macht. Für die Suche nach neuen wirksameren Substanzen sind Röntgenmikroskope wie PETRA III bestens geeignet. Und DESYs Zukunftsprojekt PETRA IV könnte die Fahndung zukünftig entscheidend beschleunigen. Denn je leistungsfähiger die Anlagen sind, desto schneller geht die Wirkstoffsuche.

Der Malariaparasit Plasmodium ist ein besonders schwerer Gegner: Er verändert mehrfach seine Form, bewegt sich schnell im Körper seines Wirts und in jeder seiner Lebensphasen sind andere Proteine aktiv. Übertragen wird der Parasit von der Anopheles-Mücke, die in tropischen Erdregionen weit verbreitet ist. Bei einer akuten Infektion vermehrt sich der Parasit im Wirtskörper rasant, außerdem weist er hohe Mutationsraten auf. So entwickelt der Parasit schnell Resistenzen gegen verfügbare Medikamente. Pro Jahr sterben laut Weltgesundheitsorganisation WHO rund 600 000 Menschen an Malaria.

Darum suchen Forschende kontinuierlich nach neuen Medikamenten und Impfstoffen gegen Malaria. Mit ihren Substanzen wollen sie den Lebenszyklus des Parasiten unterbrechen, der sich über eine Vielzahl von Stadien in der Mücke und im Menschen erstreckt. Für die Wirkstoffsuche eröffnet das geplante Röntgenmikroskop PETRA IV deutlich verbesserte Möglichkeiten.

Foto von einer Mücke, die Blut saugt.
Die Mückenart Anopheles atroparvus ist ein bekannter Überträger der parasitären Krankheit Malaria. Foto: CDC, James Gathany

Ein 3D-Atlas der Malaria

Schon heute untersuchen Forschende Mücke, Erreger und Krankheitsverlauf an Röntgenlichtquellen, um eine Art multimodalen 3D-Atlas der Malaria zu erstellen: Sie wollen ein umfassendes räumliches und funktionales Modell des Parasiten in allen Lebenszyklusstadien erstellen und in den mikroskopischen Details Ansatzpunkte für neue Therapien suchen. Zu Beginn des Zyklus saugt die Mücke mit dem Blut des Menschen die Geschlechtszellen des Erregers ein, Fachleute sprechen von den weiblichen und männlichen Gametozyten. Im Darm der Mücke entwickeln sich diese zu Mikro- und Makrogameten weiter, die Mikrogameten befruchten die Makrogameten und bilden eine Zygote. Diese befruchtete Eizelle nistet sich in der Darmwand ein, entwickelt sich zum nächsten Entwicklungsstadium, der Oozyste, weiter und produziert durch vielfache Teilung die infektiösen Sporozoiten, die später in den Speichel der Mücke wandern und ins Blut des Menschen injiziert werden. An PETRA III gelang einem Team um Elizabeth Duke und Jonas Albers vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Hamburg der Röntgenscan des Mitteldarms einer infizierten Anopheles-Mücke – auf den Aufnahmen konnten sie die für den Krankheitsverlauf relevanten Stellen identifizieren und diese per Elektronenmikroskopie noch genauer untersuchen.

Dabei stellten die Forschenden überrascht fest, dass die Parasiten in der infizierten Mücke – anders als bislang angenommen – keineswegs eine zeitgleiche Entwicklung durchlaufen, sondern in verschiedenen Stadien vorliegen. Das liefert einen wichtigen Ansatzpunkt, um den Malaria-Erreger möglicherweise schon in der Mücke zu bekämpfen.

Die Selbstverteidigung des Parasiten blockieren

Eine andere Möglichkeit, die Krankheit einzudämmen, besteht darin, den Parasiten im Blut des Menschen zu stoppen, bevor er sich rasant vermehrt. Er dringt in die Roten Blutkörperchen ein und ernährt sich von deren Hämoglobin. Dieses Protein ist für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich. Wenn der Parasit das Hämoglobin verdaut, entsteht dabei eisenhaltiges Häm, das giftig für ihn ist. Er wandelt es jedoch mit einem speziellen Protein in unlösliches, kristallines Hämozoin um; in dieser Form kann der Stoff dem Parasiten nicht gefährlich werden.

Wirkstoffe wie Chloroquin können diese Umwandlung blockieren, so dass der Malaria-Erreger am Häm stirbt. Allerdings zeigt er sich auch gegen solche Wirkstoffe zunehmend resistent. Die medizinische Forschung testet deshalb Alternativen wie zum Beispiel Ferroquin, das – wie der Name andeutet – auf Eisen statt Chlor basiert. Ferroquin ist mittels Synchrotronstrahlung allerdings schwer vom ebenfalls eisenbasierten Häm zu unterscheiden. Deshalb ersetzten die Forschenden das Eisen im Ferroquin durch das Alkalimetall Rubidium, das durch Röntgenfluoreszenz mit gutem Kontrast sichtbar gemacht werden kann. Bei den Untersuchungen, ob und wie solche neuen Stoffe wirken, kommen moderne Synchrotrone zum Einsatz: Schon jetzt lassen sich die Vorgänge bis in den Submikrometer-Bereich auflösen und verfolgen.

„Doch mit PETRA IV werden die Forschenden dank eines kleineren, hochintensiven Röntgenstrahls noch einmal genauer hinschauen können."
Eine weibliche Person schaut in die Kamera
Selina Storm Physikerin, bei DESY PETRA IV

Selina Storm: „Durch höhere räumliche Auflösung und höhere Empfindlichkeit können beispielsweise lokale Konzentration des Medikaments präzise kartiert werden. Vor allem aber lassen sich die Messreihen erheblich schneller durchführen. Der Durchsatz steigt, und dadurch werden die Statistiken besser, um vielversprechende neue Wirkstoffe möglichst schnell zu identifizieren. Die Entwicklungskosten sinken.“

PETRA IV wird die Impfstoffsuche beschleunigen

Ein weiterer Weg zur Malariabekämpfung sind Impfungen. In jeder seiner Lebensphasen sind andere Proteine des Parasiten aktiv – viele mögliche Angriffspunkte für das körpereigene Immunsystem. Indem das Immunsystem durch einen passenden Impfstoff frühzeitig Abwehrzellen bildet, kann der Ausbruch der Krankheit verhindert werden. Wie besonders effektive Impfstoffe aussehen müssen, ließe sich mithilfe von PETRA IV deutlich schneller herausfinden als bislang.

Die medizinisch-pharmazeutische Forschung könne vom Ausbau des Synchrotrons stark profitieren, sagt Physikerin Selina Storm: „Wenn man dessen viele Vorteile betrachtet – insbesondere auch, dass die neue Anlage in eine riesiges bestehende und stark wachsendes Ökosystem für Forschung und Entwicklung eingebettet sein wird – dann ist das einfach eine großartige Chance.“

Weiterführende Informationen

Die Bekämpfung von Malaria ist ein wichtiges Ziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Gesundheitsbereich. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gibt hierzu eine Übersicht auf folgender Website:

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