22.09.2025

Wie Gutes noch besser wird – European XFEL bekommt neue Elektronenquelle ‚GUN5‘

Am 17. September wurde die neue bei DESY gebaute Elektronenquelle für den European XFEL in Hamburg angeliefert, nachdem sie in Zeuthen bei PITZ (Photoinjektor-Teststand bei DESY in Zeuthen) in den Probebetrieb genommen und auf Herz und Nieren getestet worden war. Der Einbau der GUN5.2 in den European XFEL-Injektor während der aktuellen langen Wartungsperiode des Röntgenlasers ist das Ergebnis einer intensiven mehrjährigen Entwicklung und wird direkten Einfluss auf die Experimentierkapazitäten am weltweit größten Röntgenlaser haben.

Die neue Elektronenquelle GUN5.2 steht vormontiert auf einem Metallgestell, mit Vakuumkammern, Kabeln und Elektronikkomponenten.
Per LKW wurde die GUN5.2 am Injektorgebäude des European XFEL auf dem DESY-Campus angeliefert. Foto: DESY, Marta Mayer

Damit ein Freie-Elektronen-Laser funktioniert kommt es auf eine Größe besonders an: die Ladungsdichte im beschleunigten Elektronenpaket. Diese muss besonders hoch sein, damit möglichst viele Elektronen mit dem selbst generierten Röntgenlicht im Undulator wechselwirken können.

Entscheidend für die Ladungsdichte im Undulator sind dabei die ersten 30 Zentimeter des Beschleunigungsprozesses: Damit also das Experiment in der Experimentierhalle in Schenefeld gelingt, müssen die Elektronen in über drei Kilometern Entfernung auf dem DESY Gelände in der Elektronenquelle auf den ersten 30 cm mit den richtigen Parametern erzeugt und beschleunigt werden.

Die Entwicklung dieser Quellen, im internationalen Laborjargon die Gun, war und ist deshalb essentiell für Freie-Elektronen-Laser, insbesondere für supraleitende Beschleuniger wie bei European XFEL oder FLASH mit ihrer hohen Einschaltdauer.

In einer XFEL-Gun löst ein intensiver Laser Elektronen durch den Photoeffekt aus einer mit einem Halbleitermaterial beschichteten metallischen Fläche – der Kathode – heraus. Die Höhe und Breite des Elektronenpakets sind dabei erst einmal durch die Ausdehnung des Lasers bestimmt. Weil sich die Elektronen aber gegenseitig abstoßen, müssen sie nun so schnell wie möglich auf möglichst hohe Energien beschleunigt werden. Dies passiert mit starken Hochfrequenzfeldern in einer extra dafür designten Kupferkavität. Dabei kommt dem rasanten Beschleunigungsprozess ein relativistischer Effekt zugute, der die Abstoßung der Elektronen untereinander begrenzt. So können die Forschenden die Elektronenpakete sehr kompakt und damit die Ladungsdichte sehr hoch halten.

 

Mehrere Techniker:innen installieren die Elektronenquelle GUN5.2 mithilfe eines gelben Hebesystems in einem Laborraum bei DESY.
Gleich am Folgetag wurde die neue Gun ins Injektorstockwerk des European XFEL gefahren. Foto: European XFEL, Sven Kamin

Hierbei kommt es auf jedes Detail an, und so hat die Entwicklung der Quellen bereits zusammen mit der Erforschung der supraleitenden Beschleunigertechnologie in den 90ern des vorherigen Jahrhunderts begonnen, als DESY entschieden hatte, einen Freie-Elektronen-Röntgenlaser zu bauen. Federführend in der Quellenentwicklung ist das PITZ-Forschungsteam in Zeuthen, zusammen mit unzähligen Kolleg:innen in Hamburg. Zum Betriebsstart des European XFEL ist die 4te Generation (GUN4) zum Einsatz gekommen, doch schon während der Inbetriebnahme in 2016 gab es erste Überlegungen zu Verbesserungen. „Herausgekommen ist jetzt die fünfte Gun-Generation, mit weiter optimierter Form, Integration einer Feldmesssonde, besserer Kühlung, verbesserter Mechanik zum Austausch der Kathoden und einem doppelten Einkoppelfenster. Damit wird die Gun in Zukunft noch stabiler und zuverlässiger betrieben“, erklärt Frank Stephan, Leiter von PITZ. Die für die Experimente sichtbarste Veränderung ist die Verlängerung des Hochfrequenzpulses, und damit der maximalen Länge des Elektronenzuges, um 30%. Damit steigt die maximale Zahl der Lichtblitze von 27 000 auf 36 000 pro Sekunde. So können viele Experimente mehr Daten pro Messzeit bekommen, oder mehr unterschiedliche Experimente können durchgeführt werden.

Bevor die neue Quelle auch in Hamburg ihre Qualitäten unter Beweis stellen kann, sind noch viele Montagearbeiten im siebten Untergeschoss des European XFEL-Injektorkomplexes erforderlich. „Wir hoffen, ab November erste Betriebserfahrungen sammeln zu können“, erklärt DESY-Forscher Frank Brinker, der den Einbau und Betrieb der Gun in Hamburg koordiniert.

„Mit der neuen Elektronenkanone, die unsere Teams für den European XFEL gebaut haben, werden wir die Betriebssicherheit und Leistung des bereits extrem gut funktionierenden Beschleunigers weiter verbessern. Ich bin sehr stolz auf das, was unsere Teams geleistet haben“, sagt Wim Leemans, Direktor des DESY-Beschleunigerbereichs.

„Das Upgrade unterstreicht die Bedeutung des European XFEL als globale Forschungseinrichtung. Durch die Bereitstellung hellerer, schnellerer und stabilerer Röntgenblitze ermöglicht er Forschenden aus aller Welt die Untersuchung von Materie auf atomarer Ebene – von der Dynamik chemischer Reaktionen und dem Verhalten von Quantenmaterialien bis hin zu den Strukturen von Viren und Biomolekülen“, sagt European XFEL-Direktor Thomas Feurer.

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